Der Mantel "Kim" aus dem Burda Vintagesonderheft hatte es mir schon in den ersten Vorschaubildchen angetan.
Diese Mantelform löst in mir immer wieder wohlige Kindheitserinnerungen aus. An meine Mutter und wie ich ihr zuschauen durfte, wenn sie sich fürs Theater oder Ausgehen zurechtmachte. Das war zwar erst in den Sechzigern, aber meine diffusen Erinnerungen vermischen sich wohl auch mit Familienfotos, alten Filmen oder auch mit in diesen Jahrzehnten angesammelten Familienkleidungsstücken, die ich dann später im Spaß angezogen oder im Ernst getragen habe.
Das Nähen dieses Mantelschnittes hat mir viel Spaß gemacht und ging unglaublich zügig, da für diese Art Mantel keine Figuranpassungen in der Körpermitte nötig waren.
Ich habe die kleineste Größe (Gr.36) zugeschnitten, das ist immer noch äußerst reichlich. .
Mein Stoff ist ein dunkelgrauer Wollstoff, und obwohl ich ihn seit bestimmt 25 Jahren lagere und mehrfach mit mir umgezogen bin, wäre es nicht schade um ihn gewesen.
Es waren keine 2 Meter, ich schätze 1,70m standen mir zur Verfügung.
Beim Zuschnitt waren also Tetris und Strategie nötig. Die vordere Blende ist deshalb angeschnitten und etwas schmaler als vorgesehen. Der Unterkragen ist aus schwarzem Futterstoff.
Für das Innenfutter habe ich -als die ersten Aproben des Obermantels sehr vielversprechend ausfielen- einen hochqualitativen Futterstoff aus meinem Lager (und davor irgendwann mal vom Maybachufermarkt) angeschnitten.
Den Mantelschnitt finde ich spannend, er hat interessante Details und Schnittteile, wie ich sie bislang noch nicht genäht habe.
Die Burdaanleitung war mit etwas Konzentration tatsächlich gut verständlich. Z.B. Schräge Eingrifftaschen mit einer 90° Ecke:
Die Ärmel werden in zwei Etappen eingenäht. Im Winkel wird abgesetzt, eingeschnitten und dann erst um die Schulter herum fertig genäht.
Da ich zwei sehr große Knöpfe verwendet habe, wollte ich keine passenden Monsterknopflöcher einarbeiten und habe deshalb Druckknöpfe unter die Zierknöpfe genäht.
Ein weiterer verdeckt angebrachter Druckknopf hält den Mantel im unteren Brustbereich zusammen:
So, und nun zum Trageeinsatz eines solchen Mantels.
Ich habe ihn komplett nach Schnitt genäht. Lediglich die Gesamtlänge habe ich gekürzt, wadenlang -wie von Burda vorgesehen- geht bei mir sowieso nicht.
Die Ärmellänge ist (noch) original. Und ich weiß jetzt auch, warum das Burdamodel sich schräg nach hinten lehnt und die Hände in den Taschen hat: Das ist definitiv die beste Pose für den Mantel.
Sonst sieht er nämlich auch so aus:
Die Ärmel sind eindeutig zu lang, oder? Gekrempelt wird es zwar ganz schön 80-er, aber die Silhouette sieht gleich
viel stimmiger aus.
Bei so einem hülligen Mantel müssen wenigstens Handgelenk und
Teile des Unterarms als Kontrast sichtbar sein. Ein
ausgeprägter Schwanenhals (schade, hab ich leider nicht) würde der
Silhouette ebenfalls gut tun. Sonst entsteht schnell der namensgebende
Effekt, sich merkwürdig wie in einem Käferpanzer gefangen zu fühlen. Zwar keiner aus Chitin
sondern aus weicher Wolle, aber dieser fast bis an die Ohren reichende
Spatenkragen in Kombination mit der üppigen Hülle ist schon speziell....
Natürlich ist die Silhouette ungewohnt, aber vielleicht ist sie auch einfach nicht schön....
Die Ärmel werde ich auf jeden Fall noch kürzen, dann kann ich auch meine ellenbogenlangen Lederhandschuhe dazu tragen.
Ansonsten benötigt die Silhouette untenrum ebenfalls extrem schmale Beine. Auf den Fotos trage ich
hautfarbene nackige Beine. Hauttonfarbene Strumpfhosen habe ich nicht und ich kann mir auch kaum vorstellen, welche ernsthaft zu tragen.
Von einem halbwegs alltagstauglichen Mantel erwarte ich eigentlich, dass er sich mit schmalen schwarzen Stiefeln tragen lässt. Das ist sozusagen der Mindeststandart. (Mäntel für Petticoat, Jeans mit Turnschuh oder weite Hosen sind sowieso ein Extrathema). Burda lässt das Untendrunterthema elegant aus: Es ist nicht erkennbar, was für Schuhe das Model zu dem Mantel trägt.
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wieder mit einem provisorisch hochgesteckten linken Ärmel |
Sagen wir es so, ich müsste mir eigentlich zu diesem Mantel passende Kleidung nähen/ beschaffen. Was ja irgendwie nicht der Sinn des Mantelnähens ist.....Zu meinen vorhandenen Sachen passt er nicht so recht.
Oder ich muss noch weiter mit der Silhouette rumprobieren. Was denkt ihr? Wie könnte man es schaffen, diesem Mantel mit ganz normalen, zeitgemäßen Klamotten den nötigen eleganten oder legeren Rahmen zu verschaffen?
edit: auf der Burdaseite kann man die Modelle aus dem Heft auf Partyfotos sehen. Bild 10/15 zeigt den Mantel mit modernen Pumps kombiniert: http://www.burdastyle.de/aktuelles/news/burda-vintage-rockabilly-abend_aid_5426.html